Boris ist Norddeutscher und echter Kieler
– dort ist er geboren und aufgewachsen, und das vor allem an Bord auf dem Wasser. Boris geht, seitdem er ein kleines Kind ist, segeln. Ob allein, mit Freunden oder seiner Frau und seinen vier Kindern – auf dem Wasser ist es schön, hier fühlt er sich wohl. Auf das Segeln irgendwann verzichten müssen? Das kann er sich nicht vorstellen. Auch seine chronische Nierenerkrankung hält ihn nicht davon ab, sich von Wind und Wasser treiben zu lassen.
„Jeder hat mal schlechte Tage, aber die haben meistens nichts mit Dialyse zu tun. Jeder sorgt sich mal um die Kinder oder die Arbeit, das ist ganz normal. Aber es geht ja dann auch immer wieder weiter.“
Boris zieht mit voller Kraft voraus. Und das seit 27 Jahren. Als er 20 Jahre alt war, bemerkte man, dass etwas mit seinen Nieren nicht stimmt. Nach ein paar Tests war schnell klar: Boris wird die Dialyse benötigen – voraussichtlich sein ganzes Leben lang. Im Schnelldurchlauf und schon eine Woche nach der Diagnose startete er mit seiner ersten Dialyse. Boris ließ sich von der Diagnose aber nicht unterkriegen: Angst hatte er vor der Nierenerkrankung und der Dialyse nie. Stattdessen hat er seine Energie genutzt und sie in Neugier und Aktionismus umgewandelt:
Den Tag nach der Diagnose ging er direkt in die Universitätsbuchhandlung, kaufte alles, was es über das Thema gab, und studierte, machte sich schlau und eignete sich das Wissen an, das er für sich brauchte, um seine Erkrankung und seine Therapie zu verstehen. Und das gab oder gibt ihm bis heute die Selbstsicherheit, um mit seinem Körper und seiner Gesundheit klarzukommen.
„Meine Niere bekomme ich nie wieder gesund. Und es gibt zwei Möglichkeiten: Ich lebe mit den Therapie-Optionen weiter, die es gibt, oder ich lasse es bleiben. Und es bleiben lassen kommt für mich nie infrage“, so Boris.
„Ich lasse mich durch meine Erkrankung nicht einschränken. Natürlich muss ich meinen Alltag oder Urlaube etwas mehr planen, aber damit komme ich klar. Ich versuche mein Leben mit Dialyse trotzdem so flexibel wie möglich zu leben.“
Sein Leben hat er deshalb weiterhin selbst in der Hand; „Ich lasse mich durch meine Erkrankung nicht einschränken. Natürlich muss ich meinen Alltag oder Urlaube etwas mehr planen, aber damit komme ich klar. Ich versuche mein Leben mit Dialyse trotzdem so flexibel wie möglich zu leben.“ Deshalb entschied sich Boris für die Heimhämodialyse: Er macht die Blutwäsche im 2-Tages-Rhythmus nachts bei sich zu Hause. Eine Maschine „reinigt“ hier sein Blut, während er und seine Frau seelenruhig schlafen – das Gerät neben dem Bett stört niemanden.
„Nur an einer Stelle an seinem Körper lässt sich erkennen, dass bei ihm etwas anders ist. An seinem linken Unterarm ist sein „Shunt“ (Cimino-Shunt) zu sehen, den er seit 27 Jahren hat. Das ist der Zugang, durch den während der Hämodialyse 400 bis 500 ml Blut pro Minute gefördert und gereinigt (dialysiert) werden.“
Boris’ Einstellung zu sich, seinem Leben und seiner Gesundheit lassen andere schnell vergessen, dass er eine chronische Erkrankung hat. Er geht mit seiner Dialyse locker um, er weiß aber, dass es nicht allen so geht: „Männern fällt es vielleicht prinzipiell etwas schwerer zuzugeben, dass etwas bei einem nicht stimmt oder anders ist. Erkrankungen passen nicht zu dem typischen Männerbild, stark und ausdauerfähig zu sein. Aber mit einer chronischen Erkrankung zu leben, heißt nicht gleich, krank zu sein oder krank auszusehen. Doch leider ist das Bild, das öffentlich zum Thema Dialyse vermittelt wird, mit Alterserkrankungen, Schwäche und Labilität verbunden. Aber dass das nicht stimmt, kann ich beweisen. Es ist zwar richtig, dass ich momentan keine Treppen springen kann, aber das hat nichts mit meiner Dialyse zu tun, sondern nur mit meinen kaputten Knien.“